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Neues Deutschland, 12. Januar 1993

Ueber Austausch von Kulturen neue Sicht gewinnen

Manina Lassen-Grzech zur Initiative fuer eine Friedensuniversitaet in Potsdam

Mit einem grossen Aufgebot von prominenten UnterstützterInnen aus aller Welt versucht die Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität (FGF), für die Idee eines interdisziplinären Friedensforschungsinstituts in Potsdam zu werben. ND fragte die stellvertretende Vorsitzende der FGF, Manila Lassen-Grzech; Was hat man sich unter einer Friedensuniversität vorzustellen?

Unsere Zielsetzung ist es, eine private Universität zu gründen, die sich vorrangig mit Fragen des inneren und Äußeren Friedens beschäftigt. Frieden versteh wir dabei nicht nur als Abwesenheit von Krieg, sondern auch als gesellschaftlichen Frieden, Frieden innerhalb der Menschen, die friedliche Austragung von Konflikten.

Wer steckt hinter den InitiatorInnen?

Pfingsten 1991 gab es ein grosses internationales, interkulturelles Festival in Potsdam, das hiess "Kraft der Visionen". Da trafen sich geistige Lehrer und Künstler aus ganz verschiedenen Kulturen,a los Buddhisten, Indianer, Christen… Aus den Diskussionen bei diesem Festival ging die Idee hervor, eine Friedensuniversität zu gründen. Der Initiator des Festes war Uwe Morawetz, der dann die Initiative für die Uni ins Leben rief und erste Kontakte herstellte. Inzwischen haben wir 530 Mitglieder in 45 Ländern.

Das ganze wird also ein internationales Projekt?

Ja. Es ist uns ganz wichtig, dass sowohl die Lehrenden wie auch die Lernenden aus beglich vielen Ländern und Kulturen kommen.

Das bedarf doch einer Menge Geld. Wo soll das herkommen?

Ja, gerade weil es eine private Universität werden soll. Wir sind noch ganz am Anfang, aber es hat schon zahlreiche Gespräche gegeben mit Stiftungen und Vertretern der Industrie. Da gab es grosses Interesse. Bisher finanziert sich die FGF aus Mitgliedsbeiträgen und privaten Spenden.

Ist denn mit staatlichen Spenden zu rechen?

Wahrscheinlich nicht. Im gegenwärtigen Stadium wollen wir das auch nicht, weil wir unsere Unabhängigkeit bewahren wollen.

Gibt es nicht Überlegungen, die Friedensuniversität an die Universität Potsdam anzulagern?

Ja, das ist ein neues Konzept. Diese Idee hatte der brandenburgische Wissenschaftsminister Engelrein. Es gab schon Gespräche mit der Uni. Der Rektor der Universität, Professor Mitzner, hat grundsätzlich Interesse. Für uns ist das ein Konzept, das wir uns vorstellen können. Das macht das Projekt zwar etwas kleiner, dafür aber überschaubarer und leichter finanzierbar. Auf der anderen Seite müssten wir dann auf den Titel "Friedensuniversität Potsdam" verzichten, was für uns nicht ganz leicht ist. Diese Vision hat eine gewisse Ausstrahlung und eine sehr starke Anziehungskraft. Das haben wir an der Resonanz gemerkt, die wir weltweit bekommen haben. Das muss noch überlegt werden.

Ein internationales Projekt - warum gerade in Deutschland?

Gerade durch das Zusammenwachsen der beeidend rutschen Teile gibt es ja zahlreiche Spannungen. Die neue Ost-West-Problematik ist auch das Thema einer Veranstaltungsreihe, die wir dieses Jahr organisieren. In diesen "Potsdamer Gesprächen" werden wir uns mir psychossozialen Konflikten, wirtschaftlichen Problemen und nicht zuletzt mit der internationalen Einbindung der neuen Staaten im Osten in Bündnissysteme beschäftigen. Da haben wir ganz interessante Referenten eingeladen, zB. Carl-Friedrich von Weizsäcker, Klaus-Maria Brandauer, die ZEIT-Herausgeberin Marion Gräfin Doenhoff und Ministerin Regine Hildebrandt, um nur einige zu nennen.
Wir versuchen Vertreter der verschiedensten Fachrichtungen an einen Tisch zu bekommen, also aus der Politik wie aus er Kunst. Gerade der Austausch der verschiedenen Sichtweisen ist unser Anliegen, und dass man daraus dann auch Perspektiven zur Bewältigung der enormen Zukunftsaufgaben entwickeln kann. Es sollen viele Praktiker dort lehren. Und gerade auch Leute, die bereits im Beruf stehen oder ihr Studium abgeschlossen haben, sollen die Möglichkeit haben, für eine gewisse Zeit an der Friedensuniversität zu studieren um ihren Horizont zu erweitern.

In Ihrem Kuratorium sitzen prominente Leute wie der ehemalige Botschafter der UdSSR in Bonn, Valentin Falin, die Direktorin des Norddeutschen Rundfunks Lea Rosh, die Schriftstellerin Luise Rinser, der Violinist Sir Yehudi Menuhin. Auch sonst wird Ihre Idee von einflussreichen Menschen wie dem Friedensnobelpreisträger Bischof Desmond Tutu, dem Dalai Lama und dem Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Amos Oz, unterstützt. Schmücken sie sich nur mit grossen Namen, oder haben diese Leute wirklich Einfluss auf Ihre Arbeit?

Doch, den haben sie schon. Unser Vorsitzender Uwe Morawetz hat mit dem Dalai Lama über das Konzept gesprochen und er hat zugesagt dieses Jahr nach Deutschland zu kommen und eine Veranstaltung im Rahmen der Friedensuniversität zu machen. Wir versuchen auf jeden Fall die prominenten Mitglieder, die wir habe, auch in die konzeptionellen Überlegungen einzubeziehen.